Rechts und links des Schienenstranges

Freileitungen

 

 

 

Das Gelände ist eintönig geworden. Eben dampfte unser „ Ententöter „ oder wie er sonst so heißen mag eine kleine Steigung hinauf und jetzt geht es bereits ohne Dampf, also im Leerlauf in die Ribbecker Heide hinein. Das gleichmäßige Tack-Tack der Schienenstöße läst mich in der drückend schwülen Sommerluft dahindösen. Tacktack, Tacktack. Da, der schrille Pfiff der Lokpfeife reißt mich aus dem Träumen und ich blicke verschlafen von meinem Fensterplatz auf die weiten Niederungen des Havelländischen Luches, auf dem Adebar nach seinem Abendmahl sucht. Unterbrochen wird diese Idylle nur durch die in Abständen vorbeihuschenden Freileitungsmasten ( ugs.: Telegrafenmasten ). Diese stehen an nicht elektrifizierten Strecken und tragen die Fernsprech,-Fernschreib,- Basabezirks,- oder Fernmeldeleitungen anderer Dienste. Die EBO ( Eisenbahn Betriebs- und Bauordnung ) schreibt verbindlich vor, dass bei Strecken ohne Blockeinrichtungen eine Nachrichtenverbindung zwischen den Betriebsstellen vorhanden sein muß. Wird betrieblich sichergestellt, dass auf einer Stichstrecke nur ein Triebfahrzeug im Einsatz ist, kann auf diese Nachrichtenverbindung verzichtet werden. Die Nachrichtenverbindung ist immer doppeladrig.

Bevor wir ins Detail gehen noch ein paar allgemeine Anmerkungen. Bei Freileitungsdoppelgestängen werden, neben den Eisenbahnnachrichtenverbindungen, auch die der Post mit übertragen. Diese werden dann auf der Feldseite befestigt. Zur Kenntlichmachung der bahneigenen Unfallmeldeleitung sind deren Glockenisolatoren mit einem grünen Ring versehen. Die Zugmeldeleitung, die die angeschlossenen Streckenfernsprecher der Schrankenposten mit den benachbarten Bahnhöfen verbindet ist an mindestens jedem 2. Mast mit einen aus Draht gebogenen „ S „ gekenntzeichnet. In diese Leitung kann an jedem Punkt der Strecke ein tragbarer Fernsprechapparat ( wie beim Militär der Bakelit- Kasten mit Kurbel ) mit eingehängt werden. Dadurch kann ein Rottenführer stetig Kontakt zum Fahrdienstleiter halten. Über die Zugmeldeleitung wird vor Abfahrt eines Zuges durch den örtlichen Fahrdienstleiter die Erlaubnis zur Weiterfahrt vom Fahrdienstleiter des nächsten Bahnhofes eingeholt, bestätigt und schriftlich im Zugmeldebuch vermerkt. Aus betrieblichen Gründen kann die Funktion des Fahrdienstleiters auch durch andere, befähigte Personen wie den Zugschaffner wahrgenommen werden.

Doch nun geht es ins Eingemachte. Beim „ Bildergucken“ diverser Streckenbeschreibungen von Kleinbahnen fällt doch immer wieder die Einfachheit der Freileitungsmaste auf. Im Allgemeinen entfällt die Postleitung komplett und wegen der chronischen Finanznot wird eine Kleinbahn nur mit Minimalausstattung ausgerüstet. D.h., es bleibt nur die Zugmeldeleitung übrig, und der EBO ist genüge getan. Das vereinfacht uns den Bau natürlich ungemein. Wir können auf Traversen ( 1,5 x 1,5 mm Ms-L-Profil ) verzichten und benötigen nur 2 Isolatoren pro Mast. Wir beginnen mit dem Mast und bringen 2 mm Rundholz auf die Länge von ca. 16 cm. Die Mastspitze wird schräg angeschliffen. Diesen Rohling beizen wir mit „Nußbaum dunkel“. Der untere Teil wird ca. 4 cm schwarz gebeizt. Nach dem Trocknen erhält der Stab ca. 1 cm unter der Mastspitze zwei um 180° versetzte 0,6 mm Bohrungen zur Aufnahme der Isolatoren. Die Isolatoren stammen von einem italienischen Militärhersteller, in die von unten kleine gebogene Ms- Haken gesteckt werden. Jeweils 2 oder max. 4 der Haken werden gegenseitig versetzt in der Mast gesteckt und mit Sekundenkleber fixiert. Wenn die Haken schwarz und die Isolatoren weis bemalt wurden, sind wir mit dem 1. Teil bereits schon fertig.

Doch die EBO legt auch fest, dass mindestens jeder 7.- 10. Mast mit zusätzlicher Verankerung und Abstützung ausgebildet werden muß. Wer genügend Fahrstrecke sein Eigen nennt, sollte diese Anordnung unbedingt andeuten. Die einfachste Darstellung ist, ein ca. 15 cm langes Rundholz wird einseitig um 45° angeschliffen und 3 cm unterhalb der Mastspitze mit Holzleim befestigt. Wichtig ist nur, dass die Abstützung immer 90° oder 180° zu den Gleisen steht. Nach dem Aushärten wird noch ein 0,5 mm Ms- Draht durch Mast und Stütze gesteckt. Er stellt den Verbindungsbolzen da und sollte auf jeder Seite 1 mm herausstehen.

Nachdem wir uns so schöne unterschiedliche Masten bauten, sollten sie auch sinnvoll aufgestellt werden. An geraden Strecken kommt die einfache Bauart zum Tragen. In Kurven stehen die Maste im Innenbogen und die Abstützung weist, wie an Bahndämmen auch, zur Feldseite . Der Mastabstand variiert um 50 cm.

Nun dienen diese Freileitungen keinem Selbstzweck oder dienen gar der „ Romantik“. D. h., die Doppeladern müssen auch in Gebäude eingeführt werden um überhaupt von technischem Nutzen zu sein. An Bauwerken werden Rohrständer mit Traversen oder einfach nur die Isolatoren direkt an der Wand angebracht. Sie sind recht unscheinbar, sollten aber nicht fehlen.

Darüber, ob die eigentlichen Freileitungen dargestellt werden sollten streiten sich die Geister. Denn, da der Durchmesser bei Eisendraht 4 mm und bei Kupfer nur 2 mm beträgt, sollte man sich genau überlegen, ob die Optik den Aufwand der Montage gerechtfertigt.

 

Viel Spaß beim Bauen

Ihre

Betriebsleitung

der Kreisbahn

Rathenow- Senzke- Nauen